Spieler in Deutschland, die Verluste aus Online-Sportwetten zurückfordern wollen, blicken heute, am 24. September 2025, gespannt nach Luxemburg zur mündlichen Verhandlung des Falls C-530/24. Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird nämlich derzeit geprüft, ob die Verträge mit Tipico aus dem Zeitraum zwischen 2013 und 2020 als rechtswidrig und damit unwirksam einzustufen sind. Denn in diesen Jahren war Tipico ohne gültige Lizenz im deutschen Internet unterwegs. Sollte der EuGH bestätigen, dass die Wettverträge nichtig waren, kann die bereits bestehende Klagewelle gegen Tipico und andere Anbieter wie Betano, Bet365 oder bwin endlich weiterrollen.
Hintergrund: Verfahren C-530/24 gegen Tipico vor dem EuGH
Im Verfahren C-530/24 geht es um einen Spieler, der zwischen 2013 und Oktober 2020 bei Tipico rund 3.700 Euro verloren hatte. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Anbieter noch nicht über eine deutsche Lizenz. Erst ab dem 9. Oktober 2020 erhielt Tipico eine entsprechende Genehmigung.
Da die Rechtslage unklar war, legte der Bundesgerichtshof den Fall dem EuGH vor. Dabei soll der EuGH folgende Frage beantworten, die der Bundesgerichtshof aufgeworfen hat: Waren Online-Sportwetten, die Anbieter wie Tipico zwischen 2013 und 2020 ohne deutsche Lizenz angeboten, illegal – sind also Wettverträge aus dieser Zeit nichtig und damit für Spieler rückabwickelbar? Die Antwort könnte auch für weitere Anbieter, wie Betano, bwin oder B365, die zeitgleich wie Tipico ohne gültige Lizenz auf dem deutschen Markt unterwegs waren, deutliche Folgen haben.
Online-Sportwetten vor dem EuGH: Die Positionen im Rechtsstreit
Klägerseite: Der Kläger wirft Tipico vor, sich bewusst über das deutsche Glücksspielrecht hinweggesetzt und Verbraucherschutzauflagen ignoriert zu haben.
Tipico: Der Sportwettanbieter argumentiert mit einer maltesischen Lizenz und verweist auf das deutsche Vergabeverfahren aus dem Jahr 2012, das unionsrechtswidrig gewesen sei. Man habe im guten Glauben gehandelt und die Voraussetzungen erfüllt, um eine Lizenz für den deutschen Markt zu bekommen. Rückforderungen der Spieler seien daher unzulässig.
Dass Tipico sich aber weder davor noch danach an Lizenzbestimmungen und schon gar nicht an den Spielerschutz gehalten hat, ist am deutlichsten daran zu erkennen, dass das 1000-Euro-Limit nie eingehalten wurde. Alleine den HFS Rechtsanwälten liegen zahlreiche Klagen vor, bei denen sogar mehrere tausend Euro an nur einem Tag verzockt wurden.
EU-Kommission auf Seite des Spielers
In der Anhörung kamen auch Vertreter aus den Mitgliedstaaten zu Wort:
Belgien, Griechenland, Portugal: Betonen den Verbraucherschutz. Ohne formale Genehmigung sei Online-Glücksspiel schlicht illegal.
Malta: Stellt sich auf Tipicos Seite und verweist auf die Gültigkeit der maltesischen Lizenz sowie den dortigen Spielerschutz. Anzumerken ist dabei: Tipico hat seinen Firmensitz wie zahlreiche andere Online-Glücksspielanbieter auf der kleinen Insel im Mittelmeer. Dort erwirtschaftet diese Branche rund 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Europäische Kommission: Bestätigt die Rechtskonformität der deutschen Regelungen. Auch wenn das Konzessionsverfahren Schwächen hatte, blieben Wetten ohne Lizenz unzulässig.
Recht deutlich wurde die Tendenz des Gerichts durch die Nachfrage an Tipico, seit wann das Online-Glücksspielangebot bestand (vermutlich seit 2005) und wann ein Antrag dafür gestellt wurde (2012). Das Gericht fragte Tipico hierzu sinngemäß: „Wenn man aber eine Erlaubnis gebraucht hat, dann haben Sie doch gesagt, wir machen es einfach mal ohne Erlaubnis und haben eine Wette darauf abgeschlossen, es wird schon gut gehen? Und jetzt verlangen Sie vom Gerichtshof, dass er Ihr illegales Vorgehen legalisiert?“
Auch Anbietern wie Bet365, bwin oder Betano drohen milliardenschwere Rückforderungen
Das Verfahren könnte den Markt für Online-Sportwetten in Deutschland nachhaltig verändern. Sollten die Wettverträge als nichtig eingestuft werden, drohen auch ähnlichen Anbietern von Online-Sportwetten wie Tipico, bwin, Betano oder bet365 milliardenschwere Rückforderungen. Für viele Spieler wäre dies hingegen eine späte Genugtuung.
Der Generalanwalt wird seine Stellungnahme am 11. Dezember 2025 abgeben. Erst danach fällt das endgültige Urteil des EuGH – mit Signalwirkung für ganz Europa.
Rückforderung von Spielverlusten – auch nach 2020 möglich
Selbst nach Erhalt einer deutschen Lizenz im Oktober 2020 bestehen rechtliche Möglichkeiten, Verluste von Tipico zurückzufordern. Viele deutsche Gerichte haben bereits zugunsten der Spieler entschieden – teils in erheblichem Umfang. Mehr Infos dazu gibt es hier.
Die HFS Rechtsanwälte gehören seit 2020 zu den führenden Kanzleien auf diesem Gebiet und haben bereits zahlreiche Mandanten erfolgreich vertreten. Wir helfen auch Ihnen gerne!